Wanderrudern in Dänemark
Obwohl der unbedarfte Leser vielleicht vermuten würde, dass insbesondere in Schweden oder Finnland attraktive Reviere für die Erkundung des Landes mit dem Ruderboot bestehen, existiert auch in Dänemark, trotz der vergleichsweise kleinen Landmassen, ein attraktives Ruderrevier.
Der Start der Tour war in Skanderborg einer dänischen Kleinstadt, ca. 30 km südlich von Aarhus. Wie in den folgenden Nächten auch, fanden wir eine komfortable Übernachtungsmöglichkeit in der dänischen Spielvariante der Jugendherberge, dem Danhostel Skanderborg. 
Zur Akklimatisierung legten wir am Sonntag dem 10. Juni noch keine Tagesetappe zurück, sondern umruderten in unseren drei mitgenommenen Booten, der Sally, der Blue Chip und der Kontiki den Skanderborg See. 
Am nächsten Tag startete die Tour dann faktisch. Leider war über Nacht das Wetter umgeschlagen und der nun heftig blasende Wind erinnerte uns, dass Rudern nicht immer ein Schönwettersport ist. Über die Machbarkeit der Tagesetappe beruhigte uns allerdings der Herbergswirt, der als Betreiber eines Kanuverleihs die Wetterverhältnisse und die daraus resultierende Befahr-barkeit der Gewässer nach unserer Überzeugung kennen mußte.
Nach der Passage durch den Westteil des Skanderborgsees und einem Stück der „Gudena“ erreichten wir den Mossø. In der Zwischenzeit hatte es noch weiter aufgefrischt, was uns in den Kanallandschaften der Gudena allerdings verborgen geblieben war. Sehr groß war daher die Überraschung, als nachdem die Landabdeckung passiert war, uns plötzlich die volle Gewalt des Sturms traf. Leider hatte sich durch den Weststurm auf dem in West - Ost Richtung verlaufenden Mossø auch ein starker Wellengang aufgebaut. Trotzdem versuchten wir im Vertrauen auf unser Können und auf die mit einem Spritzschutz abgeklebten Boote den See vom südöstlichen Ende nach Norden zu queren, um, erneut unter Land geschützt, bis ans Westende vorzudringen. Dieses Kalkül ging nicht auf. Die mit 5 Ruderern vergleichsweise schwer beladenen Sally und Kontiki nahmen bald erste Wellen über und schlugen dann natürlich schnell ganz voll. Jetzt mußte unbedingt rasch an dem in Lee gelegenen nahen Südufer angelandet werden. Das heraufziehende Unglück wurde komplettiert, da die zur Anlandung gewählte Viehweide zwar sichtbar eine saftige Wiese zeigte, unter der Uferlinie jedoch einen Strand mit groben Kieselsteinen aufwies. Für die beiden vollgeschlagenen Boote ergab sich das Problem, dass die mit Wasser gefüllten schweren Boote zuerst gelenzt werden mußten, bevor sie angehoben und auf der besagten Viehweide in Sicherheit gebracht werden konnten. Leider konnte eine Beschädigung der Boote nicht verhindert werden. Eine Notreparatur mit Klebeband war jedoch möglich und so auch die Fortsetzung der Tour gesichert.
Nach dem Eintreffen des Landdienstes wurde beschlossen, den gefährlichen Mossø bei dem nun vorgefundenen Wetter nicht nochmals zu befahren. Die Boote wurden abgeriggert und auf den herbeigeschafften Hänger verladen. Am Ende des Mossø auf der Gudena wurden dann am Nachmittag die Boote wieder eingesetzt und nun ohne irgendwelche Zwischenfälle bis zum Tagesziel Ry gerudert. Der Nachmittag versöhnte hierbei dank der landschaftlich schönen Flusslandschaft etwas für den dramatischen Vormittag. Nach einem Umsetzen der Boote in Ry erreichten wir das Etappenziel, das am Ry-See gelegene Danhostel.
Auch am nächsten Tag blies erneut ein starker auflandiger Wind. Die auf dem Ry-See entstandenen Wellen erschienen dabei nach den schlimmen Erfahrungen des Vortages als zu gefährlich, um ein in See gehen zu erlauben. Zusätzlich zeigte uns das Studium der Landkarten, dass, wie auf dem Mossø, auch auf dem zweiten See der Vormittagsetappe, dem Julsø, der Wind Gelegenheit haben würde gefährliche Wellen aufzuwerfen. Daher mußten wir beschließen, erneut die Boote zu verladen und bis zu einem ungefährlichen Einsatzpunkt nach dem Julsø zu verbringen. Alls einzigen Programmpunkt des Vormittags konnte der Besuch des Himmelsberges, des höchsten Hügels von Dänemark durchgeführt werden. Auch wenn der Himmelsberg mit seiner Höhe von ca. 180 m über dem Meeresspiegel für deutsche Gäste nicht besonders beeindruckend erscheint, eröffnet er ein grandioses Panorama der umliegenden Landschaft.
Zum Mittag konnten die Boote dann wieder am Borré See eingesetzt werden. Durch eine Landschaft von kleineren Seen und dem Flußlauf der Gudena wurde die Tagestour in Silkeborg beendet. Das Ufer war während der Nachmittagstour durch eine schön gepflegte Kulturlandschaft und durch Strandvillen herrlich geschmückt. Besondere Freude lösten dabei die in Dänemark offensichtlich prächtig gedeihenden Rhododendron-Sträucher aus.

Der folgende Tag war in der Planung als ruderfreier Tag vorgesehen. Ein Teil der Mannschaft nutzte dieses für einen Ausflug an die Nordsee. Die meisten Ruderer nahmen jedoch die Gelegenheit war, um von den Rudererfreunden vom Silkeborg-Roclub Verries (See-Gigs) auszuleihen und für eine Ruderetappe zurück bis auf den Julsø zu nutzen. Die besagten Boote haben den Vorteil, dass sie konstruktiv ausgelegt sind auch mit einem Wellengang, wie er uns in den vergangenen Tagen zu schaffen gemacht hatte, leicht fertig zu werden. Tatsächlich war daher die Fahrt zurück über Gudena, Booré See und Julsø als eine Rudertour gekennzeichnet, die ohne Bedenken über die Seetüchtigkeit der Boote genossen werden konnte. Nachmittags bei der Fahrt nach Silkeborg flaute der Wind dann endlich ab.

Am nächsten Tag umfuhren wir auf dem Landweg eine Schleuse mit turbulenten Wasser an der Einsatzstelle, um kein Risiko bezüglich der Boote einzugehen. Nach dem Einsatz in den Silkeborgsee folgte dann bei schönem Sonnenschein eine schnelle Flussfahrt über die Gudena. Mit Hilfe der  Schiebeströmung fiel die Fahrt bis zur Mittagsrast leicht. Auch die Nachmittags- etappe bis zum Campingplatz in Ans war leicht zu bewältigen. Die gesamte Tagesfahrt führte hierbei durch eine attraktive von Schilf bestandene Riedlandschaft, die nur selten durch Strandvillen unterbrochen wurde. Für zusätzliches Amüsement sorgen die vielen Schulklassen mit dänischen Kindern, die offensichtlich alle im Jahr 2001 ihren Schulausflug in Form einer Kanutour auf der Gudena veranstalteten. 

Auch die nächste Tagesetappe war durch eine kräftig schiebende Gudena gekennzeichnet. Auf Grund der Erfahrungen vom Vortag hatten wir beschlossen, an diesem Freitag soweit über das gesteckte Ziel hinaus zu rudern, als das unsere Begeisterung zuließ. Tatsächlich erreichten wir zu einer späten Mittagspause bereits das geplante Ende der Tagesetappe. Im Endergebnis näherten wir uns dem Ende der Tour bis auf 12 km. Wie bereits am Vortag führte auch diese Fahrt durch die naturbelassene Flusslandschaft der Gudena. Ein besonderes Highlight an diesem Tag war zusätzlich zum Rudererlebnis der Besuch des Elmuseums in Bjerringbro. Eingerichtet als ausgesprochenes Erlebnismuseum sprach dieses Museum alle Tourteilnehmer an, gleichgültig ob ihnen der Besuch von Museen sonst eine Freizeit-beschäftigung ist oder nicht.

Am letzten Tag führte die Fahrt weiter auf dem restlichen Stück der Gudena, bis wir vor den Randbezirken von Randers abbogen und nach ca. 1 km Bergfahrt auf der Norrèa das  Ende der Fahrt erreichten. Dänemark erleichterte es uns an diesem Tag den Abschluss der Fahrt durch einen leichten Regen zu ertragen. Angesichts des an den vorherigen Tagen erlebten schönen Wetters, der attraktiven Flusslandschaft und des Erlebnisses in der Gruppe, hätte sonst zum Abschied alternativ leicht Verzweiflung entstehen können.

Georg Bayer
 
 Zurück  

Stand 12.07.2006