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WM 2002 in Sevilla - Olympische Spiele 2012 in Madrid?
(2002-08-14 23:27:28) Sevilla bereitet sich nicht nur auf die Ruderweltmeisterschaften 2002, sonder vorher, im August, auch noch auf die Weltmeisterschaften der Kanuten vor. Wer die Regattastrecke schon kennt, wird wissen, daß sie weder mit dem Rotsee, noch mit Duisburg noch mit München zu vergleichen ist.

Sie ist halt die beste WM-Strecke, die Spanien zu bieten hat, aber mit Vorteilen. Sie liegt mitten in einer der attraktivsten Touristenstädte, hat gleich nebenan ein 5-Sterne- Hotel mit Sonderpreisen für Sportler, und eine ordentliche Sportlerunterkunft direkt am Sattelplatz. Leider hat die Stadt viel vernachlässigte Bauten und Anlagen aus Zeiten der Weltausstellung 1992, und sie ist in direkter Nähe zur Regattastrecke nicht die Sauberste.

Das Wasser ist nicht immer so glatt wie man es sich wünschen könnte. Oft genug mußten schon die auf den Morgen und den Abend beschränkten Startpläne verschoben werden.

Im September kann es noch hochsommerlich warm sein, und bei dieser Veranstaltung werden auch mittags Rennen laufen. Am heißesten ist es in der Regel erst ab 14:00 Uhr.

Die Sevillaner kann man durchaus als Organisatoren empfehlen, doch die Akribie wie man sie an den europäischen Regattahochburgen kennt, sollte man hier nicht erwarten, dagegen schon mal eine allzu strenge Auslegung von organisatorischen Vorschriften.

Doch die Sevillaner sollen Konkurrenz bekommen. Da gibt es zwar schon die Olympiastrecke Banyoles, landschaftlich einmalig schön, doch die Infrastruktur von der Olympischen Regatta Barcelona 1992, wurde der Landschaft zu Liebe wieder abgebaut.

Dagegen werden in der Landeshauptstadt Madrid in letzter Zeit immer wieder richtungsweisende Entscheidungen getroffen, wonach nach letztem Stand in der Oasen-Ortschaft Aranjuez, Sommerresidenz der spanischen Monarchen, eine Olympiastrecke für Kanuten und Ruderer gebaut werden soll. Der immer reichlich Wasser führende Fluß Tajo ist hier einer der Pluspunkte und auch die gute Anbindung an Madrid (30 km).

Anlaß ist die olympische Bewerbung der Hauptstadt Madrid 2012. Sie liegt da aber noch im Streit mit Sevilla, die landesintern auch noch im Rennen ist. Sevilla ist, trotz der nordafrikanischen Temperaturen eine Stadt mit sichtbar mehr Sportbegeisterung und behördlicher Sportförderung als Madrid.

Das will Madrid von heute auf morgen zu ihren Gunsten umkehren, doch so lange in der Hauptstadt beispielsweise Rudern nur auf Ententeichen in den städtischen Parks und zeitweise auf einem windanfälligen Stausee 35 km außerhalb der Stadt statt findet, kommt eine Olympiastrecke im ebenso weit entfernten Aranjuez wie ein Riesenfehler vor. Aranjuez hat vielleicht 12.000 Einwohner, Madrid 4 Millionen. In Spanien kennt keiner den Sport Rudern und schon gar nicht den Umstand, daß man dafür jahrelang täglich trainieren muß.

Nun existiert ein Alternativprojekt im Südosten der Stadt. Dort wo der Wohnraum am billigsten ist und von je her Industriegebiete, riesige Schutthalden und Brachland vorwiegen, fließt der Fluß Manzanares durch. Zusammen mit jahrelangen Ausgrabungen von Kies und Sand sind hier schon erste Anzeichen von ruderbarem Wasser zu erkennen. Auf Anfrage wird von der Stadt versprochen, daß dort eine Trainingsstrecke hergerichtet werden soll, so wie wir Ruderer und Kanuten das brauchen. Der Manzanares ist heute noch eine armselige Kloake, die nur auf Postkarten aussieht wie ein etwas zu schmaler Fluß, auf dem aber keinerlei Wassersport stattfindet.

Die Frage ist natürlich: Wer kommt ins schöne Aranjuez zu einer internationalen Regatta? Solange das sportliche Niveau der spanischen Ruderer wie seit Jahren keine Medaillen der offenen Klasse zuläßt, wird wohl keiner die lange Reise auf sich nehmen. Das kontinentale Klima bei 600 m Höhe sorgt im Winter für fast deutsche Verhältnisse, und im Sommer für sehr hohe, aber trockene Temperaturen. Dagegen ist Sevilla im Frühjahr ein beliebtes Trainingscamp.

von: Volker F. Nüttgen, Madrid
www.weRow.com - March 28th, 2024 04:17:39 PM